Das Grundgesetz ist die deutsche Verfassung. Derzeit berücksichtigt das Grundgesetz als leitendes, über allen anderen deutschen Rechtsnormen stehendes Gesetz die Kinderrechte nur unzureichend. Kinder finden zwar Erwähnung, sind jedoch als originäre Rechtssubjekte nicht ausdrücklich benannt, sondern lediglich Regelungsgegenstand des Artikels 6 Grundgesetz.
Gemäß Artikel 4 der UN-Kinderrechtskonvention ist Deutschland zur Umsetzung der Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention in nationales Recht verpflichtet und hat sicherzustellen, dass Grundsätze und Vorschriften effektiv durchgesetzt werden. Der Ausschuss hat Deutschland wiederholt dazu aufgefordert, der UN-Kinderrechtskonvention einen höheren Rang als den eines einfachen Bundesgesetzes einzuräumen. Die Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention finden im Grundgesetz bisher jedoch keine Entsprechung, abgesehen vom Schutz vor Diskriminierung nach Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz.
Die Umsetzung der Kinderrechte ist durch die aktuelle Rechtslage in Deutschland dementsprechend nicht hinreichend abgesichert: Es besteht ein erhebliches Umsetzungsdefizit hinsichtlich der Berücksichtigung der Interessen der Kinder sowie ihrer Förderung und Beteiligung, da die Rechte durch eine völkerrechtsfreundliche Auslegung oder Kombination von Verfassungsnormen erst kompliziert gewonnen werden müssen. Der Ausschuss ist zu Recht der Auffassung, dass allgemeine Menschenrechte in der Verfassung nicht ausreichen, um die Beachtung von Kinderrechten sicherzustellen.
Derzeit genießen die Kinderrechte in Deutschland eine hohe gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit. In 15 von 16 Verfassungen der Bundesländer, außer in Hamburg, finden sich Kinderrechte in unterschiedlicher Ausprägung. Im Oktober 2018 fanden im Bundesland Hessen die Kinderrechte in Form des Entwicklungsrechts, des Kindeswohlvorrangs und des Beteiligungsrechts Eingang in die Landesverfassung. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien von 2018 sieht die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz als Grundrecht vor. Offen ist dabei jedoch die genaue Ausgestaltung.
Die explizite Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz würde eine für alle Rechtsgebiete geltende Vorgabe schaffen, die normhierarchisch über den einfachen Bundesgesetzen stünde. Dies würde normative Klarheit schaffen und hätte sowohl materiell-rechtliche als auch prozessuale Folgen, die sich konkret auf das Leben von Kindern auswirken können.
Die Absicherung des Kindeswohlvorrangs auf Verfassungsebene ist nötig, damit Rechtsanwender und Rechtsanwenderinnen den Interessen von Kindern hinreichend Gewicht verleihen. Bisher ist der Kindeswohlvorrang bundesrechtlich als übergreifender Maßstab für alle Rechtsgebiete weder im einfachen Recht noch im Verfassungsrecht ausdrücklich normiert. Es ist nicht ohne Weiteres möglich, aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 1 Grundgesetz ein eigenständiges Grundrecht des Kindes auf Beteiligung abzuleiten. Eine ausdrückliche Normierung im Grundgesetz kann eine kinderspezifische Auslegung des einfachen Rechts besser voranbringen und den Gesetzgeber veranlassen, in verschiedenen Gebieten konkrete Beteiligungsrechte im einfachen Recht zu erlassen.
Das Recht auf Entwicklung ist zwar auch im allgemeinen Persönlichkeitsrecht enthalten, sollte aber kindspezifisch im Grundgesetz ausgeformt werden, da es Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen nicht offensteht, sich im Rahmen der freien Entfaltung weiterzuentwickeln, und sie dabei auf besondere Unterstützung angewiesen sind. Neben dem Schutzauftrag ist ein Förderauftrag hinsichtlich der Kinderrechte im Wortlaut aufzunehmen, um die Realisierung der Rechte durch Kinder fördernde, proaktive Maßnahmen zu garantieren. Damit würde die in menschenrechtlichen Verträgen übliche Formulierung des Achtens, Schützens und Förderns aufgegriffen werden.
- Die National Coalition Deutschland empfiehlt dem UN-Ausschuss, die Bundesregierung aufzufordern,
- 1. die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern, gemäß der Empfehlung 10 aus den Abschließenden Bemerkungen des UN-Ausschusses von 2014. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Kinderrechte subjektiv einklagbare Rechtsansprüche begründen und sowohl den Vorrang des Kindeswohls als auch Beteiligungsrechte, ein kindspezifisches Recht auf Entwicklung und den Schutz- und Förderauftrag beinhalten.