„Begleitete minderjährige Flüchtlinge“ sind Kinder und Jugendliche, die von personensorge- und erziehungsberechtigten Personen begleitet werden – in der Regel sind das die Eltern. Familien werden bei ihrer Ankunft in Deutschland zunächst in zentralen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Von hier aus erfolgt eine quotale Verteilung auf die Kommunen, die in der Praxis mitunter zur Voraussetzung für den Zugang zu Kita und Regelschule sowie den kommunalen Integrationsangeboten gemacht wird – häufig entgegen geltender Rechtslage.
Zunehmend werden Personengruppen von dieser Verteilung ausgenommen und verpflichtet, über lange Zeiträume in Aufnahmeeinrichtungen zu verbleiben. Personen aus sicheren Herkunftsländern (§ 29a AsylG) sind verpflichtet, bis zu ihrer Ausreise in der Aufnahmeeinrichtung zu verbleiben, wenn ihr Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Andere können hierzu bis zu 24 Monate verpflichtet werden (§ 47 AsylG). Bis 2015 war eine Unterbringung nur bis zu maximal drei Monaten zulässig. Zum Zeitpunkt des Verfassens des Ergänzenden Berichts werden weitere Ausweitungen der Wohnpflicht in Aufnahmeeinrichtungen diskutiert.
Für Kinder und Jugendliche wirkt sich diese gesetzliche Entwicklung negativ aus, da sie in ihren Rechten aus Artikel 27, 28, 29 und 31 UN-Kinderrechtskonvention verletzt werden. Der Bildungszugang ist eingeschränkt, zum Teil sogar ausgeschlossen und die Aufnahme einer Ausbildung oder von Praktika ist nach § 61 AsylG teilweise untersagt. In manchen Bundesländern werden Kinder sofort beschult, während in anderen Landesrecht oder Verwaltungspraxis den Zugang verhindern.
Darüber hinaus beeinträchtigt die Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen die Sicherheit und die Entwicklung von Kindern erheblich. Oft fehlen kindgerechte Sanitäranlagen und die hygienische Situation ist alarmierend. Zimmertüren sind manchmal nicht abschließbar und es fehlt an Privatsphäre. Das Verlassen der Kommune oder des Kreises kann ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde strafbar sein. Eltern können oftmals nicht für ihre Kinder kochen, da der sogenannte Sachleistungsvorrang besteht. Viele Kinder und Jugendliche müssen Gewalt erleben oder miterleben. Verbindliche einheitliche Verfahren zur Identifizierung von Schutzbedürftigkeit, klare Verfahrensabläufe bei Kindeswohlgefährdungen, bedarfsgerechte Personalschlüssel und Qualifizierungen fehlen. Die 2018 eingeführten sogenannten Anker-Einrichtungen (Ankunft, Entscheidung und kommunale Verteilung beziehungsweise Rückführung) wurden im Mai 2019 vom UN-Ausschuss gegen Folter kritisiert.
Die gesundheitliche Versorgung beruht auf dem Asylbewerberleistungsgesetz und ist nur bei akuten Erkrankungen bundesweit sichergestellt. Eine Versorgung, die darüber hinausgeht, etwa bei chronischer Erkrankung, unterliegt dem Ermessen der lokalen Behörden.
- Die National Coalition Deutschland empfiehlt dem UN-Ausschuss, die Bundesregierung aufzufordern,
- 132. verbindliche Standards und Rahmenbedingungen, die das Wohl und den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Aufnahmeeinrichtungen gewährleisten einschließlich effektiver Sanktions-, Beschwerde- und Kontrollmechanismen, bundesgesetzlich zu regeln;
- 133. Asylsuchende zeitnah auf die Kommunen zu verteilen und die Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung leben zu müssen, auf maximal einen Monat zu beschränken;
- 134. geflüchtete Menschen schnellstmöglich dezentral in kleinen Wohneinheiten oder Wohnungen unterzubringen;
- 135. unmittelbaren Zugang zur Regelversorgung für begleitete Minderjährige zu gewährleisten, etwa uneingeschränkte Gesundheitsversorgung sowie vollständige soziale und kulturelle Teilhabe durch die Streichung von räumlichen Beschränkungen und Wohnsitzauflagen;
- 136. den Ländern zu empfehlen, eine unmittelbare Schulpflicht für geflüchtete Minderjährige in allen Bundesländern einzuführen;
- 137. die Bildungsförderung zu öffnen und die Erlaubnisse für Praktika und Ausbildungen unabhängig von Status, Voraufenthaltsdauer, Art der Unterbringung und Herkunftsland zu gewähren.