Unabhängig von der Pandemie sind Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten von verschiedenen Formen der Gewalt betroffen. Armut und beengte Wohnverhältnisse wirken jedoch wie ein Katalysator auf Spannungen und Konflikte, wenn plötzlich Ausweichmöglichkeiten fehlen. Es ist anzunehmen, dass Gewalt in vielen Familien und Institutionen zunimmt, je länger die Pandemie andauert.
Schutz vor Gewalt und Ausbeutung ist ein zentrales Kinderrecht und das Sustainable Development Goal 16.2. Bisher lässt es sich nicht belegen, ob körperliche, seelische und sexualisierte Gewalt und Vernachlässigung von Kindern während der Pandemie zugenommen haben. Es gibt jedoch erste Hinweise, wie mehr Anrufe bei der Nummer gegen Kummer und der Medizinischen Kinderschutzhotline. Das ganze Ausmaß zeigt sich nicht während der Zeit, in der Kinder und Jugendliche aus Gründen des Infektionsschutzes zu Hause geblieben sind, denn ein Teil der Kindeswohlgefährdungsmeldungen über Gewalt- und Missbrauchsfälle kommt aus Kindertageseinrichtungen und Schulen.
Obwohl für Deutschland noch kaum belegbares Material vorliegt, weist Europol darauf hin, dass es während der Kontaktbeschränkungen zwischen März und Mai 2020 eine signifikante Zunahme von Aktivitäten im Clearweb und Darknet im Zusammenhang mit sexueller Ausbeutung von Kindern gab. Dies gilt besonders für verstärkte Aktivitäten in Peer-to-Peer(P2P)-Netzwerken, angefangen beim Austausch von Tätern in einschlägigen Darknet-Foren über Cybergrooming- und Missbrauchsstrategien, von Missbrauchsdarstellungen von Kindern, bis hin zum Livestreaming von sexueller Gewalt an Kindern.
Mehr unbeaufsichtigte Zeit, die Kinder aufgrund von Schulschließungen online verbracht haben, erhöhte das Risiko der Herstellung und Verbreitung von selbst erstellten „Sexting“-Darstellungen unter Minderjährigen. Europol geht davon aus, dass die Menge dieser Darstellungen 2021 stark zunehmen wird, was auch zu einem entsprechenden Anstieg der Anwerbung und Ausbeutung Minderjähriger im Internet führen könnte.
- Die National Coalition Deutschland empfiehlt dem UN-Ausschuss, die Bundesregierung aufzufordern,
- 01. Kinderschutzsysteme besonders in Krisenzeiten personell und finanziell gut auszustatten und auch später den Kinderschutz, etwa durch pandemiebedingte Einsparprogramme, nicht in den Hintergrund zu rücken;
- 02. gemeinsam mit den Ländern die Kinder- und Jugendhilfe als systemrelevantes Rückgrat einer funktionierenden Gesellschaft weiter zu stützen und dabei auch den nicht staatlichen Sektor zu berücksichtigen, um bestehende Unterstützungsangebote aufrechtzuerhalten;
- 03. Kinder, Jugendliche und Erwachsene insbesondere in Krisenzeiten über die Zugänge zum Kinderschutzsystem zu informieren;
- 04. den digitalen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt und Ausbeutung zu gewährleisten, besonders zu Pandemiezeiten.